Frühlingsahnen
Dorothee Kanitz • 1. März 2023
Der März ist da ...

Die Sonne gewinnt an Kraft – mittags, in vollem Sonnenschein, ist es /fast) warm. Und weil wir wissen: Es kann jederzeit noch mal richtig kalt werden, genießt man sie besonders. Und ja, am 1. März fängt der meteorologische Frühling an und am 20. März der kalendarische — welch ein Glück!
Freuen wir uns also auf den Frühling, genießen ihn, wo er sich schon zeigt und erlauben wir dem Winter, sich noch gebührend zu verabschieden. Und lassen wir uns ein auf dieses Wechselbad der Gefühle und der Jahreszeiten ...
Frühlingserwachen und Respekt vor dem Durchbruch in die Sichtbarkeit, Abschütteln der Winterschwere und zartes Beginnen, Ausbalancieren von winterlicher Kälte und frühlingshafter Wärme, munteres Vogelgezwitscher und Frühjahrsmüdigkeit, Tag– und Nachtgleiche.
Vier Minuten mehr Licht … jeden Tag jetzt — bis zur Tag- und Nachtgleiche am 20. März, bis zum Frühlingsanfang. Da regen sich die Lebensgeister: Morgens singen die Vögel wieder fröhlich, sie fliegen auch anders als noch vor einem Monat. Fast scheinen sie schon Nester bauen zu wollen. Von Süden kommen die ersten Zugvögel wieder zurück, der eine oder andere Storch wird gesichtet.
Es will / soll Frühling werden, ich spüre diese Sehnsucht, diese Energie, die schon zieht. Und es gibt Tage, da kann ich dieser Sehnsucht nachgeben, da fühlt es sich nach Frühling an: Die Sonne scheint warm, die Krokusse blühen, die ersten Spitzen von Osterglocken und Tulpen zeigen sich draußen, ganz zu schweigen von Weidenkätzchen und Birkenblüten und den ersten Wildkräutern.
Der Balkon wird aufgeräumt, die Spuren des Winters aus dem Haus gefegt — Frühjahrsputz außen und innen.
Vielleicht sogar Fasten — körperlicher Verzicht auf das ein oder andere, das im Winter so gut tat … oder auch auf Plastik, gerade jetzt, wo Mutter Erde wach wird.
Die Kinder sind draußen wieder zu hören, auf dem Gehweg leuchtet ein mit Straßenkreide gemaltes Frühlingsbild vom Sonnenschein.
Nicht nur für mich: Wie geht es den jungen Trieben, wie viel Kälte (und vor allem wie lange) können sie ab? Sie sind ja robuster als man glauben möchte, diese so zarten Pflanzen (wie feingliedrig so ein Krokus ist!) - und doch: Manch neugieriger Frühblüher (er)friert auch, wenn es länger wieder richtig kalt wird.
Noch sind die Nächte länger als die Tage, noch ist es nicht Frühling.
Insofern liegt es uns sozusagen „im Blut“, in dieser Jahreszeit zu fasten.
Auch heute gibt es viele Gründe für eine Frühjahrs-Fastenkur. Reinigung innen und außen, ich schrieb es schon.
Freiwilliger Verzicht kann gut tun.
Bärlauch, Brennessel und Löwenzahn reinigen (da sind Winterschlacken, die weg dürfen) und versorgen uns gleichzeitig mit ihrer Frühjahrskraft — sie sind voll von Vitaminen und Mineralstoffen, wirken entgiftend und können jede Fastenkur bereichern.
Und auch innen können wir jetzt mal schauen, was von dem, was wir in der Dunkelheit gesehen und erlebt haben, wirklich ans Licht will, und was auch ausgeräumt werden darf, um Platz zu machen für Licht und Leben.
Im christlichen Kalender ist Fastenzeit, Passionszeit, vorösterliche Leidenszeit...
Ich habe mich oft gefragt, warum wir Christen 7 Wochen leiden sollen, wo Jesus selbst doch nur 3 Tage gelitten hat. Und unmittelbar vor seiner Verhaftung noch gefeiert hat.
Passion heißt allerdings nicht nur „Leiden“, sondern auch „Leidenschaft“.
Und dass Jesus leidenschaftlich und gern gelebt hat, da bin ich sicher.
Und wer leidenschaftlich lebt, eckt an. Leidet sicher auch — und das nicht nur am Kreuz (so furchtbar das ist), sondern auch unter der Ignoranz und Dickfelligkeit der Anderen, unter dem Unverständnis für sein Anliegen, ihre Leidenschaft.
Leidenschaft und Leiden — das scheint mir doch zum März zu passen.
Wir erleben Widersprüchlichkeit, vielleicht sogar Kampf:
Da ist das, was leidenschaftlich ans Licht drängt, wachsen und grünen will — und da ist die Kälte, die es hindert, leiden lässt, die das Leben aufhalten will.
- Wo liegt dein Leiden?
- Wo liegt deine Leidenschaft?
- Und: Haben sie miteinander zu tun, ringen sie miteinander, hängt das eine vom anderen ab?
- Wenn du leidest: Wo im Körper spürst du das?
- Und wo deine Leidenschaft?
- Gibt es etwas, auf das du verzichten möchtest, weil es deine Leidenschaft verhindert?
Das sind Fragen (nicht nur) für diesen Monat.
Fragen, die ich auch nicht immer beantworten kann, und doch Fragen, die es lohnen, immer wieder gestellt und mit und in mir getragen zu werden.
Am 20. März (dieses Jahr, manchmal auch am 21. März), sind Tag und Nacht für einen Moment im Gleichgewicht, gleich lang—es ist, als hielte die Erde für einen Moment den Atem an. Hell und Dunkel, diese beiden Antriebskräfte für das Leben, sind in perfekter Balance.
(Ist das nicht interessant für uns, die wir so gern immer im Gleichgewicht sein wollen: Dass die Erde, auf und von der wir leben, nur zweimal im Jahr an diesen Punkt kommt? Warum denken wir, wir müssten das dauernd schaffen?)
Und dann beginnt die Bewegung wieder und führt uns in die helle, energiereiche Hälfte des Jahres, in der wir mehr nach außen gerichtet aktiv werden.
Ein kleiner Dank an die Dunkelheit, eine stille Verneigung — und dann wenden wir uns fröhlich und leichten Herzens der hellen Zeit zu, in der wir wieder aktiver werden, unsere Träume in die Welt, zur Blüte bringen — unterstützt vom Licht und der Energie des Frühlings.
Sie wird ja nicht erst am 20. März spürbar, sie begleitet uns schon länger, spätestens seit dem 2. Februar, als wir an Lichtmess die längeren Tage bemerkten.
Doch jetzt erwacht sie quasi explosionsartig, bricht durch die dunkle Erde und wir sehen die ersten Blüten und Farben.
Gerade noch war die Erde gefroren und sozusagen undurchdringlich, jetzt wärmt sie sich auf und lässt den Keim sprießen und durch sie durchbrechen, dann bildet sich die Knospe, wird dicker und dicker, bis die Energie so stark wird, dass sie aufbricht und blüht.
In uns drängt etwas zur Veränderung, wandelt sich die Energie sehr dynamisch.
Was letzten Monat noch zart keimte, will jetzt aufbrechen. Energie hat sich angestaut, nun will sie heraus.
Das Samenkorn, das wir in den Raunächten gesät und im Januar und Februar in uns getragen haben, will ans Licht, an die Oberfläche, will sich zeigen.
Das ist keine Kleinigkeit — das erfordert höchste Energie und enormen Kraftaufwand.
Dieser Schritt ist nicht einfach, in gewisser Hinsicht gleicht er dem Schmerz und der Anstrengung einer Geburt. Der Übergang von der Geborgenheit und dem Schutz der Dunkelheit ins helle Licht, in die offene Weite, ist mühevoll und in vieler Hinsicht ein Schock. Und gleichzeitig reizvoll und not-wändig.
- Was genau will da in mir ans Licht? Von all den Ideen ist vielleicht nicht jede keim-reif geworden.
- Ist mein Boden, mein innerer Nährboden reich genug, um für mehrere Projekte, Leidenschaften, Seelenwünsche zu sorgen? Wie kann ich ihn anreichern, lockern, womit gießen?
- Oder entscheide ich mich für einen Keimling, dem ich mich ausschließlich und besonders sorgfältig zuwende, der meine ganze Fürsorge braucht?
- Was will ich nähren und welche Nahrung braucht es?
- Was gibt mir oder meinem neuen Pflänzchen Kraft, was stärkt mich, was tut mir gut?
- Was hindert das (neue) Leben in mir daran zu wachsen und sich zu entfalten?
Du kannst hier etwas aufschreiben, oder es dir ganz genau ausmalen, du kannst auch zum Frühlingsbeginn einen Samen aussäen oder eine Zwiebel in die Erde stecken, die dein Projekt, deinen Wunsch, dein „Kind“ symbolisierten und die du dann versorgst und deren Wachstum du begleitest.
Und danke dir für diese Zeit mit dir selbst –
und danke der Wilden, All-Umfassenden, Lebendigen Kraft, die alles durchwebt (wie auch immer du sie nennst).
Danke.
die lebendige Kraft
des Lebens, des Frühlings, der Erde
dass du dein Herz klopfen spürst
deinen Durchbruch geschehen lassen kannst
deine Knospen entfaltest und nährst, das Leben liebst.

Eine Seelfrau ist zuallererst eine Frau mit Seele. Ja, ich weiß, wir haben alle eine Seele, doch bei einer Seelfrau scheint sie durch alle Äußerlichkeiten hindurch. Vielleicht ist sie sich ihrer Seele vielleicht auch bewusster als andere? Zugleich – obwohl das eigentlich eine selbstverständliche Folge davon ist – ist sie eine Frau für die Seelen anderer. Sie weiß um den Zusammenhang von Körper und Seele und er ist ihr wichtig in allem, was sie tut, sagt oder lebt. Für sich selbst und für andere. Und weil die Seele einer/eines jeden groß ist, ist jeder Mensch groß für sie. Daneben ist eine Seelfrau eine ausgebildete Trauer-, Sterbe und Seelenbegleiterin. Sie hat eine zweijährige Ausbildung bei Andrea Martha Becker absolviert, die sowohl theoretische Inhalte, als auch praktische Übungen und Übungsgruppen umfasst. Dazu kommen Embodiment-Erfahrungen und das Eintauchen in die persönliche Geschichte mit der eigenen (Trauer-)Biografie. All das vermittelt durch eine überaus kompetente und erfahrene Anleiterin, die genau weiß, was sie tut und sagt. Ich habe als Person sehr davon profitiert. Wenn nötig, gab es auch Einzelgespräche oder eine Vermittlung an entsprechende Fachfrauen. Insgesamt waren es 300 Unterrichtseinheiten. Was für mich persönlich noch bedeutsam war, ist die Tatsache, dass es sich um eine Ausbildung handelt, die speziell frauenorientiert ist und in der Tradition der jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausende langen Geschichte von Frauen als den Hüterinnen der Schwelle vom Leben zum Tod (genau wie der Schwelle ins Leben) steht. Frauen als Hüterinnen dieses Mysteriums sind durch das Patriarchat ent-machtet worden. Gleichzeitig wurden Menschen in sehr verwundbaren Lagen – als Sterbende, Gebärende und Geboren-werdende – entwürdigt. Es wird Zeit, dass Frauen sich genau dort ihrer Kraft und (Seelen-)Stärke wieder bewusst werden. Dies heißt in keiner Weise, dass Männer nicht ihren Platz dort auch haben. Es heißt gleichzeitig durchaus, dass sie ihre „wir-wissen-es besser“-Attitüde aufgeben dürfen. Beglückend finde ich den spirituellen Ansatz der Ausbildung zur Seelfrau. Dass selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass Menschen mehr sind als Körper und Verstand, dass eine große Seele sie – spätestens – bei der Geburt „be-seelt“ und im Tode wieder in andere Sphären geht. Dass dieser Übergang „heilig“ ist und darum mit aller Achtsamkeit und größtem Respekt begleitet werden will. Dass das ein Geschenk für die Begleitende ist, auch wenn es nicht immer und nicht nur „schön“ ist. Seelfrau zu werden und zu sein, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Stärke erfordert, die eigene Ohnmacht anzuschauen, die zutiefst beglückend sein kann und die meine Seele weit macht.

Wurzeln – ein Substantiv und ein Verb zugleich. Ich dachte zuerst ans Substantiv, und beim Schreiben des Wortes merkte ich, ich liebe das Verb. Ich möchte wurzeln im Leben, im reichen, wundervollen Boden meines irdischen Lebens. Wo immer ich – meine Seele, mein höheres Selbst oder wer auch immer – herkommen und hingehen mag: Ich lebe jetzt hier auf dieser Erde, gehöre zu ihr. Mein Körper und damit jetzt auch „Ich“ sind Teil von ihr. Mit meinen Füßen möchte ich mich tief ins Erdreich einwurzeln, mich verbinden. Ich wurzele in meinem Leben, seit Jahrzehnten. In der Erde, die meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern unter ihren Füßen hatten. Im Wurzelreichtum meiner Ahn*innen und aller Menschen vor mir und der gesamten evolutionären Entwicklung. Einem Reichtum, den ich nicht ausschöpfen kann, und der doch in mir und um mich ist. Ein unentwirrbares Geflecht von allen möglichen, gut und weniger gut genährten, mir bekannten und unbekannten Wurzeln, mit sehr verschiedenem Zugang zum Reichtum des Bodens. Mit Sackgassen und abgestorbenen Wurzeln. Doch überwiegend so, dass ich im Boden verankert und von ihm genährt bin. Auch wenn ich im Sturm schwanke. Ich habe Wurzeln, ich bin verwurzelt, ob ich mir dessen bewusst bin oder nicht. Ich kann daraus wachsen, kann diesen Reichtum wertschätzen, würdigen und ihm Respekt zollen. Ich muss es nicht. Da ist er so oder so. Und ein Geschenk.

Aufbruch – Weite – Gnade Letzten Monat habe ich am Neujahrstag über Gnade geschrieben, und nach wie vor ist das die Hauptüberschrift für 2025 für mich. Doch inzwischen sind wir einen Monat weiter, die Sonne geht etwas früher auf und schon deutlich später unter als zu Beginn des Jahres. Der erste Neumond des Jahres brachte richtig frische (Wassermann-)Energie mit sich und diesen Schwung fühle ich auch. So kam das Wort „Auf-Bruch“ hinzu, und „Weite“. Die drei Worte habe ich auf meine (jährlich) Lichtmess-Kerze geschrieben, die ich dieses Jahr schon zum Neumond angezündet habe. Sie symbolisiert – wie sonst auch – die neue Energie, die nach der Winterruhe erst langsam, dann immer schneller in dieses Jahr einfließt. Die Mitte der Kerze bildet ein Herz – Zeichen für die Herzenergie, aus der und in die all das fließt, was fließen darf, jetzt im Vorfrühling, später dann im Frühling und überhaupt durchs Jahr. Zu Imbolc oder Lichtmess, steigen die ersten Säfte, noch etwas im Verborgenen, unter der Erde, doch die ersten zarten Spitzen von Schneeglöckchen, Winterlingen und Krokussen schauen schon – je nachdem, wo wir sind – aus der Erde und zeigen an: es wird auch dieses Jahr wieder Frühling. Selbst die Vögel singen immer mal schon ein Frühlingslied. Doch lassen wir uns nicht täuschen: Noch müssen wir mit neuerlicher Kälte und Wintereinbruch rechnen. Nicht für jede Pflanze ist es schon Zeit. Auch noch nicht für jedes Projekt. In manchen Fällen kommt vor dem Aufbruch ein „Bruch“, ein Zusammenbrechen des Alten. In anderen Fällen ist das schon geschehen, dann darf der Aufbruch schon vorsichtig sichtbar werden. Immer darf ich mich fragen: Schaue ich auf den Bruch oder sehe ich und ahne ich darin den Aufbruch? Ich kann meinen Blick in diese oder jene Richtung wenden. Ich darf auch beides sehen – und dann entscheiden, wo ich meinen Blick verharren lasse. Dafür habe ich die Lichtmess-Kerze. Wenn es – in mir oder draußen – dunkel wird, dann darf sie leuchten und die Transformation zu Liebe (Herz), Gnade, Weite und Aufbruch beginnt. Immer wieder. Und wenn die Kerze heruntergebrannt ist, dann ist Frühling.

Das Fest, an dem wir feiern, dass Menschen mit dem göttlichen Geist, der göttlichen Kraft, der göttlichen Weisheit ganz unmittelbar in Berührung kommen. Die Abhängigkeit vom „Meister“ weicht einer eigenen Begeisterung und Erfüllung durch die göttliche Lebenskraft. Leben nicht mehr aus zweiter Hand, sondern direkt angeschlossen an die göttliche Urkraft. Diese Kraft ist direkt in uns — führt uns in die Weite, die Freiheit, die Lebendigkeit und Kreativität, die so oft verschüttet ist. Pfingsten wird sie neu geweckt, entflammt, begeistert sie uns! („Geist“ oder „Heiliger Geist“ ist ein im Deutschen irreführendes Wort, weil es viel zu sehr mit – männlicher - Logik verbunden ist. Ursprünglich, im Hebräischen, ist es ein weibliches Wort, „Ruach“, das „Bewegung, Atem, Hauch“ bedeutet. In den ersten Sätzen der Bibel „brütet“ die Ruach (wie eine Taube, die ja auch Symbol des Pfingstfestes ist) über den Urgewässern. Und eben in diesen Urgewässern beginnt das Leben.) In den biblischen Texten ist die Rede von Sturm und von Feuer, von Verständigung, die völlig unerwartet war, von einem Mut sich zu zeigen, den schon damals manche mit zu viel Alkoholgenuss verwechselten. Mit anderen Worten, das Fest ist voll von Be-Geisterung und Schöpfungskraft. Wer vom kreativen Geist der Ruach gefüllt wird, erfüllt ist, der kommt in Bewegung, die geht raus mit ihrer Botschaft, kann sich ganz neu verständlich machen, in einer Sprache, die von allen verstanden wird. Solch neue Verständigung ist absolut wichtig und „dran“. In Verbindung zu Menschen, die wir nicht auf Anhieb verstehen, sprachlich oder kulturell. Da ist Pfingsten nötig und ein wirklich wichtiges Fest. Und genauso wichtig ist eine neue (Wieder-) Verbindung mit allem anderen Lebendigen (ich nenne es jetzt einfach mal Natur, obwohl ich und wir alle ja Teil davon sind und nicht Gegenüber). Für mich sind da die Bäume immer an erster Stelle. Doch jede/r hat ja andere „Erstbezüge“, also wichtigste Liebesbezüge zur Natur. Vielleicht ist es für dich das Meer. Oder die Blumen. Oder Kräuter? Ich glaube, es ist ganz egal. Wichtig ist nur, dass wir so einen Punkt haben. So einen Punkt, an dem wir plötzlich die heilige Weisheit in allem entde cken. Die Weisheit, die „vor Gott spielt“ (so steht es in der Bibel). Und dieses Spielerische fällt mir im Wald auf - wie die Sonne auf dem Boden spielt mit dem Schatten. Wie Blätter im Wind spielen. Wie das alles so leicht erscheint. So spielerisch. So selbstverständlich. So ohne Anstrengung. So kreativ. Das ist „mein“ Pfingsten – die schöpferische Qualität in allem zu ent-decken, auch in mir. Denn wer den (pfingstlichen) Geist in sich entdeckt, der wird mutig und kreativ, die lässt sich begeistern und begeistert, ist Feuer und Flamme für das Leben und wird daran erkannt als eine „vom Geist / von der Ruach Beseelte“. So wünsche ich uns allen be-geisternde Pfingsttage!

Die Woche kommt mit einer Kaskade an Herausforderungen und Tiefe(n) und gleichzeitig Festen und Farben. Das gehört zum Frühling und zu Ostern einfach dazu (zum Leben sowieso). Heute, als ich schreibe, sind die Herausforderungen und diese Kaskade an Farben und Formen sogar wettertechnisch zu beobachten. Gerade schien die Sonne ganz wundervoll auf meinen Schreibtisch und jetzt regnets in Strömen! Das ist eine Veränderung, gegen die ich mich erstmal sträube. Ich würde gerne, dass der Frühling stetig näher kommt, dass nicht nur die ersten Blätter grün und die Blüten bunt werden, sondern dass es auch warm wird, dass ich draußen sitzen kann. Aber dieser Widerstand, genau dieser Widerstand ist es, der die Sache schwierig macht. Bewegung und Veränderung wird immer sein. Ob beim Frühlingswetter, bei den Frühlingsfesten oder bei den Veränderungen im Außen und in meinem Leben. Ich kann der Veränderung nicht aus dem Weg gehen. Ich bin, das Leben ist, alles ist Schwingung. Und Schwingung ist Bewegung. Und das ist gut so. Ich liebe Schaukeln (selbst heute noch!) – und bin glücklich, wenn ich die Bewegung fühle – je höher desto besser. Natürlich kribbelt es dann auch mehr im Magen, doch das ist ja auch schön. Jedenfalls, wenn ich es so betrachte. Wie so oft im Leben (immer vielleicht sogar?) hängt es von der Haltung ab, die ich dazu habe. Beim Schaukeln ist das relativ einfach, doch das ist natürlich nicht immer so, wenn etwas deutlich in Bewegung gerät. Es ist nicht einfach, die Widerstände gegen Veränderungen (wenn sie denn nicht so sind, wie ich sie mir vorstelle) abzulegen. Doch einen Versuch ist es immer wieder wert, denn: Der Gewinn ist unglaublich. Ja, und die Kaskade an Festen und Farben, Herausforderungen und Tiefe wird so zu einem Meisterspiel. Ich habe das Leben selten als Spiel gesehen, das kam in meinem Horizont nicht vor. Doch jetzt, wo ich mich so langsam dahinein und darin zurechtfinde, merke ich, wie großartig das eigentlich ist. Bei den klassischen Frühlingsfesten wie Karfreitag und Ostern ist das deutlich zu spüren, und wenn dir Ostern nichts (mehr) sagt, dann sendet es trotzdem seine Schwingungen (vor allem die von Karfreitag, der unsere (christliche) Kultur jahrhundertelang geprägt hat) ins kollektive Unbewusste. Darum ist es gut, sich dessen bewusst zu werden. Auf jeden Fall: Die Bewegung geht aus der Dunkelheit in das Helle, in die Auferstehung. Die tiefste Tiefe von Verzweiflung, Verrat, Sterben und Tod liegt davor. Ja. Das sind krasse Gegensätze, nicht nur damals, sondern immer wieder neu. Die Beispiele in der Gegenwart sind endlos und tief erschreckend. Dass sie sich teilweise wieder in Israel und Gaza abspielen, vertieft die Dimension des Schreckens, gibt dem „nie wieder“ eine nie gedachte Färbung. Und für die, die mitten drin stecken, ist das kein Spiel. Ich will ihr Leid nicht kleinreden. Und gleichzeitig ist es nicht mein Leid. Ich lebe nach wie vor in Mitteleuropa, in Deutschland und meine Probleme sind lange nicht so existenziell und lebensgefährdend. Ich darf die Sonne sehen und mich daran freuen – und mein Umfeld darauf aufmerksam machen und – vielleicht – mit meiner Freude anstecken. Gleichzeitig kann ich hinschauen, was es – hier und für mich – zu tun gibt um Leid zu lindern. Da bin ich, sind wir (auch als Deutsche, als Deutschland!) richtig gefordert – aufgefordert zu Differenzierung und Aufrichtigkeit. Vielleicht auch noch zu mehr. Doch keiner Frau, deren Kind nicht medizinisch versorgt werden kann, ist geholfen, wenn ich mir die Freude am Frühling versage. Keine Ahnung, wie Jesus das gesehen hat. Vielleicht hat er es vor seiner Inkarnation gut „von oben“ betrachten können. Am Ende mit Sicherheit nicht, sonst hätte er nicht gerufen „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Und doch möchte ich uns den Blick auf unser Leben als einen Spiel-Raum eröffnen, wenigstens teilweise. Ein Spiel, das wir fröhlich und auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit spielen können. Oder das wir absolut persönlich nehmen und uns darein verbeißen können. Wir leben in einer polaren Welt. Wir können Leben nicht „haben“ ohne Tod. Wir können Schönheit nicht erkennen ohne Hässlichkeit. Wir können Freude nicht spüren, wenn wir Leiden nicht kennen. Auch wenn es sehr oft so ungerecht verteilt ist. Jesus hat noch am Tag vor seinem Tod gefeiert. Er hat sich nicht schon vorher verbissen in die Idee „oh, jetzt muss ich leiden“, auch wenn er denen, die litten, geholfen hat, soweit er konnte. Als es soweit war, ist er dem Leid nicht ausgewichen, sondern tief hindurchgegangen, verzweifelt und elend. Aber erst dann. Vielleicht sollten wir das auch tun. Nicht die ganze Zeit leiden, obwohl das so einfach wäre, wenn wir in die Welt hineinschauen und merken, wie schwierig das an vielen Stellen ist/wird, wie die Nachrichten sich überschlagen und wir gleich denken, „jetzt geht die Welt unter ( oder zumindest wird sie furchtbar)“. Vielleicht können wir uns - wenn wir das Leid gespürt haben und uns hinein gefühlt haben, - vielleicht können wir uns dann aufrichten. Die Auferstehungskraft spüren. Darauf vertrauen, dass das Leben sich durchsetzt. Im Kleinen und im Großen. Ich habe die Magnolienknospen vor meinem Fenster beobachtet, wie sie jeden Tag ein Stückchen dicker wurden. Schließlich ihren kuscheligen und sicheren Platz in der Knospe aufgeben mussten, ihre Knospenhülle richtig abgesprengt haben – der Boden unter der Magnolie war voll davon. Da kam mir ein inneres Bild: Ich hatte um meinen Kopf eine Art Ring, festanliegend und starr. Und plötzlich machte dieser Ring „knack“ und platzte auf. Das war ein richtiger Schockmoment. So ähnlich, denke ich, ist es ist bei Knospen auch. Irgendwann ist dieser Übergang da, springt die Schale. Und eine wunderschöne Magnolienblüte entfaltet sich. Ich weiß nicht, wie das für die Knospe ist, sie macht es einfach. Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Bild auf uns Menschen übertragen darf. Doch ich wünsche mir, dass es möglich ist. Ja, sogar Freude macht! Unser wunderbarer menschlicher Verstand erzählt uns ja gern, dass Veränderung, dass Wachstum und Aufrichtung in unsere Größe schmerzhaft sein werden, dass es wehtun wird. Er will sich einfach in der Komfortzone halten. Und da ich ein sehr verstandesbetonter Mensch bin, höre ich ziemlich häufig auf ihn und tue mich mit Veränderungen schwer. Der Frühling ist so eine wundervolle Ausnahme! Und in Anbetracht all der Nachrichten, die reinkommen, die ich mir zwar wohldosiert, aber eben doch zu Gemüte führe, ––– in Anbetracht all dieser Nachrichten positiv auf Veränderung zuzugehen und darin eine Möglichkeit zu mehr Fülle, mehr Gnade, mehr Schönheit in meinem Leben zu entdecken, ist eine neue Idee für ich. Das will ich in diesem Frühling ganz besonders üben. Und Ostern feiern, Auf-Erstehung. Trotz allem, was dagegen steht. Vielleicht sogar genau darum. Wer tot im Grab liegt, der tut sich schwer, aufzustehen und sich aufzurichten. Wie denn auch? Tot ist tot; und der Tod macht immerhin ein Ende der körperlichen Schmerzen. Da sind Wunden, von vorher. Wieso die wieder spüren? Also auch Auferstehung - so schön, wie es klingt - hat mit Veränderung zu tun - und zwar mit einer grundlegenden und fundamentalen, möglicherweise sogar schmerzhaften Veränderung. Und mit Chance! Das gilt auch für uns. Die Chance einer Veränderung, die uns größer macht, die uns in unsere innere Größe wachsen lässt. Die uns Wachstumsschmerzen macht, uns aus der Komfortzone herausholt. In etwas Größeres und Schöneres – in ein neues Leben, neue Beziehungen, neue Gemeinschaft und neue Gesellschaft. Schauen wir es dem Frühling und Ostern ab und geben der Veränderung eine Chance! Überlassen wir uns einfach dem Leben, wie die Magnolien.

Nachhausekommen, was heißt das für mich? Nicht mehr: zu den Eltern bzw. der Mutter kommen. Das ist vorbei. Lange war mit „Nachhausekommen“ auch immer wieder der Besuch bei der Mutter gemeint, der Vater ist ja schon jahrzehntelang tot. Es war die Mutter, die Wohnung wechselte. Dieses Gefühl: ich bin jetzt nicht ganz verantwortlich, ich darf auch ein wenig Kind noch sein – wenn ich will. Irgendwann änderte sich das und ich war eher die Erwachsene, sie mehr und mehr das Kind. Inzwischen bemuttern mich meine eigenen Kinder manchmal. Da ändert sich also immer wieder etwas. Wo also ist „Zuhause“? Meine Großmutter wollte auf ihrem Grabstein stehen haben „Daheim“. Ob für sie – am Ende ihres Lebens jedenfalls – ihre Wohnung, ihr Leben, ihr Mann eben nicht mehr „Zuhause“ war? Ich weiß es nicht, ich versuche mich zu mir selbst vorzutasten. Ist „Zuhause“ meine Wohnung? Irgendwie ja, irgendwie nein. Klar, wenn ich von einer langen Reise oder nach einem anstrengenden Tag zurückkomme, ist es schön, in die vertraute Umgebung zu kommen, sie bildet ja viel von dem ab, was mir wichtig ist. Andererseits, wenn die Wohnung lange leer war, fühlt sie sich auch leer an, nicht so richtig be-seelt. Ist also Zuhause, wo meine Seele wohnt? Dann hätte meine Gro0mutter gedacht, sie muss sterben, um ihrer Seele ein Zuhause zu geben. Das klingt traurig für mich. Und ich frage mich: Hat meine Seele ein Zuhause? Und wenn ja, wo? in mir, in meinem Körper, in meinem Leben. Ist sie lebendig, da wo ich (es) bin? Also auch im Urlaub, wenn ich nicht zuhause bin, auf der Straße, beim Schreiben, in Gesprächen? Durchaus nicht immer. Doch – vielleicht, nein, sicher – immer öfter. Komme ich also „nach Hause“, wenn ich mir meiner Seele als lebendig bewusst werde? Wenn „ich“ lebendig bin? Oder wie kann ich es formulieren? Wenn ich mich richtig freue, strahlt meine Seele mir aus den aus den Augen, fühlt sich zuhause. Wenn ich mich verloren oder traurig fühle, ist sie aber auch da und wir halten Händchen, innerlich. Dann bin ich also traurig, fühle mich verloren und bin trotzdem „Zuhause“. Hat meine Seele vielleicht aber noch ein Zuhause, so eine Art Seelenheimat, wie es manchmal genannt wird? Kommt sie sozusagen „aus dem Himmel“ und geht – nachdem sie meinem Körper, meiner (unserer) irdischen Ausprägung eine Weile Gesellschaft geleistet hat – wieder in ihre Seelenheimat (was auch immer das ist) zurück? Dann hätte meine Großmutter ja richtig gelegen mit ihrem Grabstein als Deklaration für ein größeres Zuhause. Im Moment bin ich ganz zufrieden, mich in mir selbst immer öfter zuhause zu fühlen. Dann fühle ich mich nämlich wohl, ungeachtet aller äußeren Umstände. Alles weitere überlasse ich dem Leben. Und irgendwie weiß ich: ich werde immer (wieder) ein Zuhause finden.

Sie schaut – gefühlt ausgeschlafen – aufs Handy: 6:10, genauso wie meist. Ihre innere Uhr stimmt in der Regel. Irgendetwas ist allerdings anders, irritierend. Sie kommt erst nicht darauf, was eigentlich. Doch das Gefühl bleibt, verstärkt sich sogar. Und dann sieht sie es: das Handy sagt – inzwischen – 6:13, Samstag, 2. März 2024. STOP denkt sie, in Großbuchstaben. 2. März? War nicht gestern der 29. Februar? Dann sollte heute doch der 1. März sein! Jetzt ist sie hellwach. Und verstört. Sie schaut auf den Kalender, digital natürlich. Samstag, 2. März - da ist das grüne Feld, das anzeigt „das ist heute“. Sie schaut auf ihr Uhr, auch eine mit Datum: Samstag, 2. März 2024. Sie erschrickt: hat sie einen ganzen Tag und zwei Nächte lang geschlafen? Es fühlt sich nicht so an, doch was heißt das schon? Oder wird sie etwa dement und vergisst ganze Tage? Sie erinnert sich noch ziemlich genau an den Donnerstag, den 29. Februar. Morgens hatte sie besuch, mittags gabs Salat, nachmittags war sie unterwegs, abends war Schreiben mit Andrea. Über geschenkte (weil ja der 29.2. war), gefundene und verlorene Tage haben sie geschrieben. Hat sie einen ganzen Tag weg-geschrieben? In „echt“ verloren? Kann frau „ganze Tage“ vergessen, einfach so, mit oder ohne Demenz? Sie kann sich beim besten Willen nicht an Freitag, den 1. März erinnern. Eine gewisse Panik macht sich in ihr breit. Sie zieht sich etwas über und geht zu Briefkasten, die Zeitung wird’s richten… Da sollte ja irgendetwas von gestern stehen. Zuerst das Datum: Samstag, 2. März. Sie überfliegt die Schlagzeilen: Der Kanzler hat am 29.2. mit dem Wirtschaftsminister getagt, die üblichen Unstimmigkeiten. Sie findet keine anderen Daten in den Überschriften, auch nicht in den Artikeln, die sie überfliegt – jedenfalls nicht den 1. März. Was war bloß gestern? Der 1. März oder der 29. Februar? Ist sie die einzige, die einen ganzen Tag verloren hat, oder ist das ein kollektiver Verlust, den offenbar keiner merkt? Sie schaut auf den Zeitungsstoß, der sich auf dem Stuhl stapelt. Oben liegt die Zeitung vom 29.Februar, Donnerstag. Im Briefkasten war nur diese eine Zeitung, die sie jetzt vor sich hat: Samstag, 2. März. Wo ist der 1. März? Eine Zeitung kann verschwinden, aber ein Tag? Ihre Irritation nimmt zu, der fehlende Tag macht ihr zu schaffen. Doch wen kann sie morgens um halb sieben anrufen? Die Nachrichten, fällt ihr ein. Sie schaltet ein: die üblichen Katastrophen werden gemeldet, doch von einem fehlenden Tag ist nicht die Rede. Da, die Nachrichtensprecherin sagt „Gestern, am 29. Februar traf die Bundesaußenministerin …“ mehr hört sie nicht. „Gestern, am 29. Februar“. Das ist doch unglaublich. Wo ist der 1. März? Sie beschließt, dieses Rätsel erst einmal stehen zu lassen. Vielleicht klärt es sich ja. Und wenn nicht – gestern ist vorbei. Doch mit diesem Tag, diesem 2. März, wird sie sehr sorgsam umgehen. Ihn wert-schätzen. Er soll ihr nicht abhandenkommen, sie will ihn leben.

Sisterhood Sisterhood-Call. Seit Januar 2022 treffen wir uns einmal in der Woche auf Zoom. Gedacht war es für einen Jahreskreis, doch wir sind dabei geblieben. Jeden Freitag für eine Stunde. Wir sind fünf Frauen; nicht alle sind jedes Mal dabei – wir haben ja auch noch „ein Leben“, jenseits von Zoom. Wer kann, kommt. Es ist kostbare Zeit, die wir zusammen haben. Wir zünden die Sisterhood-Kerze an, für uns, die wir gerade da sind, und für die, die heute nicht da sind. Manchmal eine zweite Kerze für den Frieden, eine Freundin, die Familie oder ein Ereignis, das (eine von) uns beschäftigt. Ein paar Minuten Stille und Atmen. Ankommen im Jetzt. Raus aus der Vergangenheit, raus aus der Zukunft (und wenn sie nur eine gute Stunde vor uns liegt). Und dann hat jede ihren Raum. Gut zehn Minuten, um von sich zu reden, von dem, was gerade da ist, wichtig ist, glücklich oder traurig macht, Geist und Seele beschäftigt. Wir haben schon viel miteinander gehört (und mit-erlebt!). In mancher Hinsicht wissen wir ganz viel voneinander, in anderer eher wenig. Adressen und Geburtstage beispielsweise haben wir erst vor drei Wochen endlich ausgetauscht. Wenn eine redet, redet nur sie. Und das tut gut. Manchmal fragt eine andere „Möchtest du etwas dazu hören?“ Manchmal ja, manchmal nein. Das ist nicht immer einfach, doch meistens klappt es. Sonst wird es noch einmal angesprochen. Oft tut es einfach gut, gehört und gesehen zu werden mit dem, was mich beschäftigt. Wenn mir vier Menschen WIRKLICH zuhören (oder auch nur zwei oder drei) – dann verändert sich etwas. Manchmal schon, wenn ich mir selbst zuhöre. Beim Reden, nicht Denken. Ich bringe das, was ich sage, auf eine andere Stufe der Wirklichkeit, wenn ich es ausspreche vor Zeuginnen. Ich nehme mich ernster. Und weil ich mit liebevollen Augen gesehen werde, sehe ich mich liebevoller. Und handle anders, wohlwollender und großzügiger mir selbst gegenüber. Wie an dem Tag, als Helena von der Vesperkirche erzählte, und davon, wieviel -freude es ihr gemacht hat, dabei zu sein, Verantwortung zu übernehmen. „Das würde euch auch Freude machen“, sagte sie. Da schlug mein Herz plötzlich will mit dem Impuls „Ja!“ – und ich platzte rein in ihre Zeit (ja, das gibt es auch!) „Ich könnte heute kommen.“ Und kriegte prompt eine Einladung, ganz nebenbei. Dann war die Nächste dran und dann „unsere Stunde“ herum und der Call vorbei. Doch der Impuls blieb – ich wollte Helena gern sehen und ihre Freude an der Vesperkirche (mit-) erleben. Und ich fragte mich, was ich zu verlieren hätte, wenn ich noch mal nachfragte und was ich eventuell gewinnen könnte – und fragte bei Helena an, ob ich wirklich kommen könne und sagte auch gleich, wann ich da sein könne (vier Stunden Zugfahrt eingerechnet). Und dann fuhr ich noch am gleichen Tag (!) nach Gütersloh, verbrachte einen wundervollen Abend mit einer „Schwester“ vorm Kaminofen, genoss am nächsten Tag ein leckeres Frühstück mit ihr – und in der Vesperkirche mit ihrer liebevollen Atmosphäre waren wir dann auch noch. Dann gings – sehr erfüllt und dankbar - wieder zurück nach Lüneburg. Und am nächsten Freitag sehen wir uns wieder per Zoom und schauen wohin das noch führt.