Die Magie des Advents - Ein Schwellengang

Dorothee Kanitz • 5. Dezember 2025

Wanderung durch einen magischen Wald


Am Freitag vor dem 1. Advent war ich mit einer kleinen Gruppe wandern, eine relativ kurze Wanderung. 
Für mich ein willkommener Auftakt der Adventszeit. 

Ein trüber Morgen, kein Regen, die Luft gleichzeitig feucht und die Blätter nass. 
Ein Stück Fahrt mit dem Bus, Aussteigen, durch die Siedlung am Waldrand gehen, dann den Weg in den Wald hinein nehmen. Die Brücke über den Bach. 
Und da wusste ich: Diese Brücke ist (für mich) die Schwelle in die „Magie des Advents“. 
Ich teilte meinen Gedanken von der Schwelle und die kleine Gruppe - zu fünft waren wir – fand die Idee eines Schwellengangs gut. 
Wir alle gingen bewusst über die Brücke und dann in Stille weiter in den Wald.

Und mir begegnete die Göttin in ihren drei magischen Farben: Weiß. Rot, Schwarz – alle als Beeren an blattlosen oder so gut wie blattlosen Sträuchern. 
Welche Fülle, welcher Reichtum noch. Geschenk pur. 
Irgendwo auch einige heruntergefallene Quitten, gelb-leuchtend, mit braunen Flecken. Leuchtendes Geld an einem sonnenlosen Tag – auch das ein Geschenk.

Und der Wald: Ein plätschernder Bach, mal etwas schneller, dann wieder sehr behäbig. 
Erinnerung an den magischen Fluss des Lebens. An das Fließen all meiner Gefühle – wenn ich sie fließen lasse. 
Alte Bäume, mit starken Wurzeln und Ästen, die wie Arme sich über den Weg breiten: 
Segen der Großen Mutter, sicht- und spürbar. 
Gesichter in fast jedem Stamm – Wasseradern, Baumschnitt – egal, die schauen jetzt freundlich auf mich und ich fühle mich gesehen. Und sie sich auch. 

Pure Magie. 
Wunder-volle Geschenke auf diesem Schwellengang.

Bei der nächsten Brücke bleibe ich stehen: 
Sie führt neben dem kleinen Bach unter der großen Straße durch – ja, wir gehen den dunkelsten Tagen des Jahres entgegen, quasi in die Unterwelt. 
Über uns die belebte Straße, auf der die Autos völlig unbeeindruckt von „meiner“ Magie fahren. 
Auch das ist okay, ich nehme die Geräuschkulisse wahr, und sie darf sein. 

Ich bleibe bei mir, mühe-los gehalten von der Magie der Göttin.

Hinter der Brücke warten die anderen. Wir halten inne, haben die Schwelle wieder überschritten und gehen weiter. 
Eine Weile bilden wir einen Kreis und wer teilen möchte, teilt das Erlebte. 

Ich beginne mutig. Und mehr als eine fühlt sich ermuntert, die eigene – jeweils sehr unterschiedliche – Magie zu teilen.

Dann setzen wir uns im Lokal um den Tisch und essen, stärken uns an Leib und Seele – schließlich waren wir in der Anderswelt, das macht hungrig.

Und so beginnt mein magischer Advent

von Dorothee Kanitz 30. November 2025
Aufblühen – so ein schönes Bild 😊 – ich liebe es… es erinnert mich (jetzt) an die Barbara-Zweige, die ich gern Anfang Dezember in die Vase stelle, damit sie an Weihnachten blühen. Und an die Magnolie vor dem Haus, deren Knospen jetzt schon zu sehen sind, und die im Frühjahr immer dicker werden, täglich mehr, und die sich dann ent-falten, auch das täglich mehr, bis eines Tages – wenn die Frühlingssonne so richtig schön scheint – die Blüten plötzlich da sind. Nicht alle auf einmal, jede in ihrem eigenen Tempo. Da, wo die Sonne direkt hin scheint, am ehesten. Aufblühen – die Barbarazweige brauchen ein warmes Zimmer, gleichzeitig aber keine direkte Heizungsluft, um aufzublühen. Die Magnolien Sonne. Und ich – ich habe einen Entschluss gefasst: Ich blühe unter meiner Zuwendung auf. Ich bin sozusagen die Sonne für mich und mein Erblühen, Aufblühen. Das ist mein SATZ für die kommenden Wochen, sagen wir, für die Adventszeit. Ich blühe auf. Ich bin alt genug, um zu wissen, dass ich nicht ganz von alleine aufblühe. Es braucht auch bei mir Wärme und Zuwendung dafür. Und wer könnte sie mir besser geben als ich selbst? Schließlich bin ich 24 Stunden am Tag in meiner Gesellschaft – das kann mir niemand anders bieten. 24 Stunden Zuwendung?! Zu mir? Wie soll das gehen? Na, vielleicht fange ich einfach klein an: Jeden Tag eine zugewandte Handlung, ein zugewandter Gedanke, ein zugewandter (freundlicher) Satz zu mir, über mich zu anderen … das sollte machbar sein. Eine Art Zuwendungs-Adventskalender. Geht auch bei echter Zeitknappheit, die ja vor Weihnachten bei vielen die Regel ist. Am 1. Dezember eine ganz bewusste Dusche, mit dem besten Duschgel und liebevollem Einseifen, begleitet vom Gedanken: Ich lasse gehen, was ich nicht mehr brauche und bin mir zugewandt. Am 2. Dezember fünf Minuten Gymnastik, bei der ich meinem Körper mitteile, wie sehr ich mich freue, dass er sich bewegen kann und dass ich ihm danke, dass er solange schon für mich da ist. Am 3. Dezember ein Spaziergang, alleine oder mit einem Lieblingsmenschen, bei dem ich tief atme und mich freue, dass ich lebe, dass ich frische Luft einatme und die verbrauchte abgeben darf (übrigens eine gute Entsäuerungsmethode!). An einem Adventssonntag vielleicht eine Stunde mit einem Buch, das mir gut tut und mich bestärkt. Oder ein klares „Nein“ zu der x-ten Adventsfeier, die ich besuchen soll (und „eigentlich“ nicht will). Je länger ich mit dem Gedanken, mit dem SATZ spiele, desto besser gefällt er mir. Und desto mehr fällt mir ein. Ich könnte – nein, ich will! – auf meine Gedanken achten, die unfreundlichen abpassen und verändern in freundliche, zugewandte. Ich könnte – nein, ich will! – bewusst beim Einschlafen nicht nur „Danke“ sagen, sondern gleich noch „ich liebe d/mich“ hinterher. Ich will mich am Morgenrot freuen und am goldenen Abendlicht, an den wilden Wolken. Ich will mir Zeit nehmen zu meditieren und wenn ich es nicht schaffe, freundlich zu mir sein. Ich will mich wohl in meiner Haut fühlen – und wenn nicht, will ich sanft mit ihr und mir umgehen. Und wenn ich in Stress gerate, schimpfe ich nicht mit mir, sondern atme tief ein und aus – sobald ich dran denke (wann immer das sein mag). Und wenn ich Zeit habe, überlege ich mir neue Formen von Zuwendung zu mir (und dann auch anderen). Schon jetzt, wo ich schreibe, spüre ich, dass ich mich verändere, dass das Aufblühen ganz von alleine beginnt. Ich blühe unter meiner Zuwendung auf. Was für ein großartiger Satz. Was für ein gutes Gefühl, wenn ich mich darauf einlasse. Auf meinen Advents-Aussichts-Satz. (Advent heißt übrigens Ankunft. Ich möchte bei mir ankommen. In der Tiefe, da wo der Gott-Funke/ das Christuslicht leuchtet. Wo sonst? Zuwendung scheint mir eine gute Möglichkeit.)
von Dorothee Kanitz 18. November 2025
Ja, wer? Was bleibt dann übrig? Ich wünschte, ich könnte dann so sein wie Morrie in „Tuesdays with Morrie“ – gütig, gelassen im Worst Case Szenario, immer noch liebevoll und von liebevollen Menschen umgeben, denen ich auch immer noch etwas geben kann. Und wenn es „nur“ ist, im Angesicht der eigenen Hilflosigkeit noch ein Mensch zu sein und zu bleiben. Doch als ich mich zuletzt betrachtete, nachdem einige der wichtigsten Rollen in meinem Leben weggefallen waren, da sah ich etwas anderes: Ich war sauer, ich war ärgerlich, ja wütend, ich wollte (will!) überhaupt nicht (mehr) „gut“ sein, weder im moralischen noch in irgendeinem anderen Sinn. Ich ent-deck(t)e eine Freude an Gemeinheit, ich ent-deck(t)e Egoismus, den Wunsch, etwas (Geld) nur für mich zu haben, mich auch mal rücksichtslos über andere hinwegzusetzen, um nur für mich und das, was mir Freude macht, da zu sein. Mein Ökobewusstsein war weg oder vielleicht auch noch da, doch es wollte nicht mehr von mir und meinen Handlungen bedient werden. Ich wünsche mich nach Sri Lanka oder auf die Fidschi Inseln zu einer ausgedehnten Ayurvedakur mit liebevollen (und schlecht bezahlten) Menschen, die sich um mich kümmern. Meine Spendenbereitschaft ging gegen Null. Und – fast das Schlimmste – all das erfüllt/e mich mit einer tiefen Befriedigung und ich könnte „JA! JA! JA!“ schreien. Wo sind all meine moralischen und sonstigen Rücksichten hin? All das, was ich gelernt habe und über Jahrzehnte versucht habe zu leben. Ich will das alles gerade gar nicht! Wo ist meine Liebe zu (Groß-)Mutter Erde und all ihren Geschöpfen, von denen ich ja Teil bin? Bin ich in Wahrheit eine schrecklich egoistische und unsoziale Person? Offenbar bin ich das zumindest AUCH. Das erschreckt mich (neben der diebischen Freude, die es mir macht!). Es stößt mich auch ab. Und womöglich ist das nur die Spitze des Eisbergs – wer weiß denn, was da noch so alles in mir steckt? Vielleicht habe ich in früheren Leben Menschen verraten, getötet und gefoltert? Ich weiß es nicht, und ausschließen kann ich es auch nicht. Ich erinnere mich, dass ich vor etlichen Jahrzehnten in einem Psychodrama die Rolle der Stiefmutter von Hänsel und Gretel sehr überzeugend gespielt habe – ich hatte sehr überzeugende Gründe, die Kinder auszusetzen! Sodass am Ende meine Kommiliton*innen mich gemieden haben – und nicht nur für die Dauer des Spiels. Da war ich einmal nicht die „Gute“, und gleich am Rand. Wenigstens bin ich nicht verbrannt worden, doch mein Bedarf an Rollenwechsel war erstmal gedeckt. Gleichzeitig war und ist das ja auch in mir. Womöglich wäre ich unter anderen Umständen ein Trump, Netanjahu oder Hitler? Ich bin mir nicht mehr sicher. Im Moment sind die Umstände so nicht. Ich sehe dennoch Züge und Wünsche in mir, die mich erschrecken. Kann ich sie da sein lassen? Mir und ihnen erlauben, auch zu sein, in mir? Davon, sie zu umarmen, spreche ich erst gar nicht. Wer bin ich ohne Rolle/n? Kann ich auch diese Erkenntnisse und Zuschreibungen fallen lassen? Das Erschrecken? Wer bin ich ohne meine Rollen, Gedanken, Geschichten? Es gibt Momente, da scheine ich ohne das alles zu sein und es ist still und friedlich in mir, und weit … Doch woher weiß ich, dass nicht auch das eine Rolle ist – die der Meditierenden, der achtsamen alten Weisen – einfach eine weitere (Wunsch-)Vorstellung? Kann ich mich in dieses Nicht-Wissen hinein entspannen? Weiterleben, von Moment zu Moment, Erkenntnis zu Erkenntnis? Immer wieder mal. Immerhin.
von Dorothee Kanitz 24. April 2025
Eine Seelfrau ist zuallererst eine Frau mit Seele. Ja, ich weiß, wir haben alle eine Seele, doch bei einer Seelfrau scheint sie durch alle Äußerlichkeiten hindurch. Vielleicht ist sie sich ihrer Seele vielleicht auch bewusster als andere? Zugleich – obwohl das eigentlich eine selbstverständliche Folge davon ist – ist sie eine Frau für die Seelen anderer. Sie weiß um den Zusammenhang von Körper und Seele und er ist ihr wichtig in allem, was sie tut, sagt oder lebt. Für sich selbst und für andere. Und weil die Seele einer/eines jeden groß ist, ist jeder Mensch groß für sie. Daneben ist eine Seelfrau eine ausgebildete Trauer-, Sterbe und Seelenbegleiterin. Sie hat eine zweijährige Ausbildung bei Andrea Martha Becker absolviert, die sowohl theoretische Inhalte, als auch praktische Übungen und Übungsgruppen umfasst. Dazu kommen Embodiment-Erfahrungen und das Eintauchen in die persönliche Geschichte mit der eigenen (Trauer-)Biografie. All das vermittelt durch eine überaus kompetente und erfahrene Anleiterin, die genau weiß, was sie tut und sagt. Ich habe als Person sehr davon profitiert. Wenn nötig, gab es auch Einzelgespräche oder eine Vermittlung an entsprechende Fachfrauen. Insgesamt waren es 300 Unterrichtseinheiten. Was für mich persönlich noch bedeutsam war, ist die Tatsache, dass es sich um eine Ausbildung handelt, die speziell frauenorientiert ist und in der Tradition der jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausende langen Geschichte von Frauen als den Hüterinnen der Schwelle vom Leben zum Tod (genau wie der Schwelle ins Leben) steht. Frauen als Hüterinnen dieses Mysteriums sind durch das Patriarchat ent-machtet worden. Gleichzeitig wurden Menschen in sehr verwundbaren Lagen – als Sterbende, Gebärende und Geboren-werdende – entwürdigt. Es wird Zeit, dass Frauen sich genau dort ihrer Kraft und (Seelen-)Stärke wieder bewusst werden. Dies heißt in keiner Weise, dass Männer nicht ihren Platz dort auch haben. Es heißt gleichzeitig durchaus, dass sie ihre „wir-wissen-es besser“-Attitüde aufgeben dürfen. Beglückend finde ich den spirituellen Ansatz der Ausbildung zur Seelfrau. Dass selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass Menschen mehr sind als Körper und Verstand, dass eine große Seele sie – spätestens – bei der Geburt „be-seelt“ und im Tode wieder in andere Sphären geht. Dass dieser Übergang „heilig“ ist und darum mit aller Achtsamkeit und größtem Respekt begleitet werden will. Dass das ein Geschenk für die Begleitende ist, auch wenn es nicht immer und nicht nur „schön“ ist. Seelfrau zu werden und zu sein, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Stärke erfordert, die eigene Ohnmacht anzuschauen, die zutiefst beglückend sein kann und die meine Seele weit macht.
von Dorothee Kanitz 16. März 2025
Wurzeln – ein Substantiv und ein Verb zugleich. Ich dachte zuerst ans Substantiv, und beim Schreiben des Wortes merkte ich, ich liebe das Verb. Ich möchte wurzeln im Leben, im reichen, wundervollen Boden meines irdischen Lebens. Wo immer ich – meine Seele, mein höheres Selbst oder wer auch immer – herkommen und hingehen mag: Ich lebe jetzt hier auf dieser Erde, gehöre zu ihr. Mein Körper und damit jetzt auch „Ich“ sind Teil von ihr. Mit meinen Füßen möchte ich mich tief ins Erdreich einwurzeln, mich verbinden. Ich wurzele in meinem Leben, seit Jahrzehnten. In der Erde, die meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern unter ihren Füßen hatten. Im Wurzelreichtum meiner Ahn*innen und aller Menschen vor mir und der gesamten evolutionären Entwicklung. Einem Reichtum, den ich nicht ausschöpfen kann, und der doch in mir und um mich ist. Ein unentwirrbares Geflecht von allen möglichen, gut und weniger gut genährten, mir bekannten und unbekannten Wurzeln, mit sehr verschiedenem Zugang zum Reichtum des Bodens. Mit Sackgassen und abgestorbenen Wurzeln. Doch überwiegend so, dass ich im Boden verankert und von ihm genährt bin. Auch wenn ich im Sturm schwanke. Ich habe Wurzeln, ich bin verwurzelt, ob ich mir dessen bewusst bin oder nicht. Ich kann daraus wachsen, kann diesen Reichtum wertschätzen, würdigen und ihm Respekt zollen. Ich muss es nicht. Da ist er so oder so. Und ein Geschenk.
von Dorothee Kanitz 29. Januar 2025
Aufbruch – Weite – Gnade Letzten Monat habe ich am Neujahrstag über Gnade geschrieben, und nach wie vor ist das die Hauptüberschrift für 2025 für mich. Doch inzwischen sind wir einen Monat weiter, die Sonne geht etwas früher auf und schon deutlich später unter als zu Beginn des Jahres. Der erste Neumond des Jahres brachte richtig frische (Wassermann-)Energie mit sich und diesen Schwung fühle ich auch. So kam das Wort „Auf-Bruch“ hinzu, und „Weite“. Die drei Worte habe ich auf meine (jährlich) Lichtmess-Kerze geschrieben, die ich dieses Jahr schon zum Neumond angezündet habe. Sie symbolisiert – wie sonst auch – die neue Energie, die nach der Winterruhe erst langsam, dann immer schneller in dieses Jahr einfließt. Die Mitte der Kerze bildet ein Herz – Zeichen für die Herzenergie, aus der und in die all das fließt, was fließen darf, jetzt im Vorfrühling, später dann im Frühling und überhaupt durchs Jahr. Zu Imbolc oder Lichtmess, steigen die ersten Säfte, noch etwas im Verborgenen, unter der Erde, doch die ersten zarten Spitzen von Schneeglöckchen, Winterlingen und Krokussen schauen schon – je nachdem, wo wir sind – aus der Erde und zeigen an: es wird auch dieses Jahr wieder Frühling. Selbst die Vögel singen immer mal schon ein Frühlingslied. Doch lassen wir uns nicht täuschen: Noch müssen wir mit neuerlicher Kälte und Wintereinbruch rechnen. Nicht für jede Pflanze ist es schon Zeit. Auch noch nicht für jedes Projekt. In manchen Fällen kommt vor dem Aufbruch ein „Bruch“, ein Zusammenbrechen des Alten. In anderen Fällen ist das schon geschehen, dann darf der Aufbruch schon vorsichtig sichtbar werden. Immer darf ich mich fragen: Schaue ich auf den Bruch oder sehe ich und ahne ich darin den Aufbruch? Ich kann meinen Blick in diese oder jene Richtung wenden. Ich darf auch beides sehen – und dann entscheiden, wo ich meinen Blick verharren lasse. Dafür habe ich die Lichtmess-Kerze. Wenn es – in mir oder draußen – dunkel wird, dann darf sie leuchten und die Transformation zu Liebe (Herz), Gnade, Weite und Aufbruch beginnt. Immer wieder. Und wenn die Kerze heruntergebrannt ist, dann ist Frühling.
von Dorothee Kanitz 9. Juli 2024
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von Dorothee Kanitz 20. Mai 2024
Das Fest, an dem wir feiern, dass Menschen mit dem göttlichen Geist, der göttlichen Kraft, der göttlichen Weisheit ganz unmittelbar in Berührung kommen. Die Abhängigkeit vom „Meister“ weicht einer eigenen Begeisterung und Erfüllung durch die göttliche Lebenskraft. Leben nicht mehr aus zweiter Hand, sondern direkt angeschlossen an die göttliche Urkraft. Diese Kraft ist direkt in uns — führt uns in die Weite, die Freiheit, die Lebendigkeit und Kreativität, die so oft verschüttet ist. Pfingsten wird sie neu geweckt, entflammt, begeistert sie uns! („Geist“ oder „Heiliger Geist“ ist ein im Deutschen irreführendes Wort, weil es viel zu sehr mit – männlicher - Logik verbunden ist. Ursprünglich, im Hebräischen, ist es ein weibliches Wort, „Ruach“, das „Bewegung, Atem, Hauch“ bedeutet. In den ersten Sätzen der Bibel „brütet“ die Ruach (wie eine Taube, die ja auch Symbol des Pfingstfestes ist) über den Urgewässern. Und eben in diesen Urgewässern beginnt das Leben.) In den biblischen Texten ist die Rede von Sturm und von Feuer, von Verständigung, die völlig unerwartet war, von einem Mut sich zu zeigen, den schon damals manche mit zu viel Alkoholgenuss verwechselten. Mit anderen Worten, das Fest ist voll von Be-Geisterung und Schöpfungskraft. Wer vom kreativen Geist der Ruach gefüllt wird, erfüllt ist, der kommt in Bewegung, die geht raus mit ihrer Botschaft, kann sich ganz neu verständlich machen, in einer Sprache, die von allen verstanden wird. Solch neue Verständigung ist absolut wichtig und „dran“. In Verbindung zu Menschen, die wir nicht auf Anhieb verstehen, sprachlich oder kulturell. Da ist Pfingsten nötig und ein wirklich wichtiges Fest. Und genauso wichtig ist eine neue (Wieder-) Verbindung mit allem anderen Lebendigen (ich nenne es jetzt einfach mal Natur, obwohl ich und wir alle ja Teil davon sind und nicht Gegenüber). Für mich sind da die Bäume immer an erster Stelle. Doch jede/r hat ja andere „Erstbezüge“, also wichtigste Liebesbezüge zur Natur. Vielleicht ist es für dich das Meer. Oder die Blumen. Oder Kräuter? Ich glaube, es ist ganz egal. Wichtig ist nur, dass wir so einen Punkt haben. So einen Punkt, an dem wir plötzlich die heilige Weisheit in allem entde cken. Die Weisheit, die „vor Gott spielt“ (so steht es in der Bibel). Und dieses Spielerische fällt mir im Wald auf - wie die Sonne auf dem Boden spielt mit dem Schatten. Wie Blätter im Wind spielen. Wie das alles so leicht erscheint. So spielerisch. So selbstverständlich. So ohne Anstrengung. So kreativ. Das ist „mein“ Pfingsten – die schöpferische Qualität in allem zu ent-decken, auch in mir. Denn wer den (pfingstlichen) Geist in sich entdeckt, der wird mutig und kreativ, die lässt sich begeistern und begeistert, ist Feuer und Flamme für das Leben und wird daran erkannt als eine „vom Geist / von der Ruach Beseelte“. So wünsche ich uns allen be-geisternde Pfingsttage!
von Dorothee Kanitz 21. April 2024
Mein Platz an der Sonne
von Dorothee Kanitz 26. März 2024
Die Woche kommt mit einer Kaskade an Herausforderungen und Tiefe(n) und gleichzeitig Festen und Farben. Das gehört zum Frühling und zu Ostern einfach dazu (zum Leben sowieso). Heute, als ich schreibe, sind die Herausforderungen und diese Kaskade an Farben und Formen sogar wettertechnisch zu beobachten. Gerade schien die Sonne ganz wundervoll auf meinen Schreibtisch und jetzt regnets in Strömen! Das ist eine Veränderung, gegen die ich mich erstmal sträube. Ich würde gerne, dass der Frühling stetig näher kommt, dass nicht nur die ersten Blätter grün und die Blüten bunt werden, sondern dass es auch warm wird, dass ich draußen sitzen kann. Aber dieser Widerstand, genau dieser Widerstand ist es, der die Sache schwierig macht. Bewegung und Veränderung wird immer sein. Ob beim Frühlingswetter, bei den Frühlingsfesten oder bei den Veränderungen im Außen und in meinem Leben. Ich kann der Veränderung nicht aus dem Weg gehen. Ich bin, das Leben ist, alles ist Schwingung. Und Schwingung ist Bewegung. Und das ist gut so. Ich liebe Schaukeln (selbst heute noch!) – und bin glücklich, wenn ich die Bewegung fühle – je höher desto besser. Natürlich kribbelt es dann auch mehr im Magen, doch das ist ja auch schön. Jedenfalls, wenn ich es so betrachte. Wie so oft im Leben (immer vielleicht sogar?) hängt es von der Haltung ab, die ich dazu habe. Beim Schaukeln ist das relativ einfach, doch das ist natürlich nicht immer so, wenn etwas deutlich in Bewegung gerät. Es ist nicht einfach, die Widerstände gegen Veränderungen (wenn sie denn nicht so sind, wie ich sie mir vorstelle) abzulegen. Doch einen Versuch ist es immer wieder wert, denn: Der Gewinn ist unglaublich. Ja, und die Kaskade an Festen und Farben, Herausforderungen und Tiefe wird so zu einem Meisterspiel. Ich habe das Leben selten als Spiel gesehen, das kam in meinem Horizont nicht vor. Doch jetzt, wo ich mich so langsam dahinein und darin zurechtfinde, merke ich, wie großartig das eigentlich ist. Bei den klassischen Frühlingsfesten wie Karfreitag und Ostern ist das deutlich zu spüren, und wenn dir Ostern nichts (mehr) sagt, dann sendet es trotzdem seine Schwingungen (vor allem die von Karfreitag, der unsere (christliche) Kultur jahrhundertelang geprägt hat) ins kollektive Unbewusste. Darum ist es gut, sich dessen bewusst zu werden. Auf jeden Fall: Die Bewegung geht aus der Dunkelheit in das Helle, in die Auferstehung. Die tiefste Tiefe von Verzweiflung, Verrat, Sterben und Tod liegt davor. Ja. Das sind krasse Gegensätze, nicht nur damals, sondern immer wieder neu. Die Beispiele in der Gegenwart sind endlos und tief erschreckend. Dass sie sich teilweise wieder in Israel und Gaza abspielen, vertieft die Dimension des Schreckens, gibt dem „nie wieder“ eine nie gedachte Färbung. Und für die, die mitten drin stecken, ist das kein Spiel. Ich will ihr Leid nicht kleinreden. Und gleichzeitig ist es nicht mein Leid. Ich lebe nach wie vor in Mitteleuropa, in Deutschland und meine Probleme sind lange nicht so existenziell und lebensgefährdend. Ich darf die Sonne sehen und mich daran freuen – und mein Umfeld darauf aufmerksam machen und – vielleicht – mit meiner Freude anstecken. Gleichzeitig kann ich hinschauen, was es – hier und für mich – zu tun gibt um Leid zu lindern. Da bin ich, sind wir (auch als Deutsche, als Deutschland!) richtig gefordert – aufgefordert zu Differenzierung und Aufrichtigkeit. Vielleicht auch noch zu mehr. Doch keiner Frau, deren Kind nicht medizinisch versorgt werden kann, ist geholfen, wenn ich mir die Freude am Frühling versage. Keine Ahnung, wie Jesus das gesehen hat. Vielleicht hat er es vor seiner Inkarnation gut „von oben“ betrachten können. Am Ende mit Sicherheit nicht, sonst hätte er nicht gerufen „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Und doch möchte ich uns den Blick auf unser Leben als einen Spiel-Raum eröffnen, wenigstens teilweise. Ein Spiel, das wir fröhlich und auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit spielen können. Oder das wir absolut persönlich nehmen und uns darein verbeißen können. Wir leben in einer polaren Welt. Wir können Leben nicht „haben“ ohne Tod. Wir können Schönheit nicht erkennen ohne Hässlichkeit. Wir können Freude nicht spüren, wenn wir Leiden nicht kennen. Auch wenn es sehr oft so ungerecht verteilt ist. Jesus hat noch am Tag vor seinem Tod gefeiert. Er hat sich nicht schon vorher verbissen in die Idee „oh, jetzt muss ich leiden“, auch wenn er denen, die litten, geholfen hat, soweit er konnte. Als es soweit war, ist er dem Leid nicht ausgewichen, sondern tief hindurchgegangen, verzweifelt und elend. Aber erst dann. Vielleicht sollten wir das auch tun. Nicht die ganze Zeit leiden, obwohl das so einfach wäre, wenn wir in die Welt hineinschauen und merken, wie schwierig das an vielen Stellen ist/wird, wie die Nachrichten sich überschlagen und wir gleich denken, „jetzt geht die Welt unter ( oder zumindest wird sie furchtbar)“. Vielleicht können wir uns - wenn wir das Leid gespürt haben und uns hinein gefühlt haben, - vielleicht können wir uns dann aufrichten. Die Auferstehungskraft spüren. Darauf vertrauen, dass das Leben sich durchsetzt. Im Kleinen und im Großen. Ich habe die Magnolienknospen vor meinem Fenster beobachtet, wie sie jeden Tag ein Stückchen dicker wurden. Schließlich ihren kuscheligen und sicheren Platz in der Knospe aufgeben mussten, ihre Knospenhülle richtig abgesprengt haben – der Boden unter der Magnolie war voll davon. Da kam mir ein inneres Bild: Ich hatte um meinen Kopf eine Art Ring, festanliegend und starr. Und plötzlich machte dieser Ring „knack“ und platzte auf. Das war ein richtiger Schockmoment. So ähnlich, denke ich, ist es ist bei Knospen auch. Irgendwann ist dieser Übergang da, springt die Schale. Und eine wunderschöne Magnolienblüte entfaltet sich. Ich weiß nicht, wie das für die Knospe ist, sie macht es einfach. Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Bild auf uns Menschen übertragen darf. Doch ich wünsche mir, dass es möglich ist. Ja, sogar Freude macht! Unser wunderbarer menschlicher Verstand erzählt uns ja gern, dass Veränderung, dass Wachstum und Aufrichtung in unsere Größe schmerzhaft sein werden, dass es wehtun wird. Er will sich einfach in der Komfortzone halten. Und da ich ein sehr verstandesbetonter Mensch bin, höre ich ziemlich häufig auf ihn und tue mich mit Veränderungen schwer. Der Frühling ist so eine wundervolle Ausnahme! Und in Anbetracht all der Nachrichten, die reinkommen, die ich mir zwar wohldosiert, aber eben doch zu Gemüte führe, ––– in Anbetracht all dieser Nachrichten positiv auf Veränderung zuzugehen und darin eine Möglichkeit zu mehr Fülle, mehr Gnade, mehr Schönheit in meinem Leben zu entdecken, ist eine neue Idee für ich. Das will ich in diesem Frühling ganz besonders üben. Und Ostern feiern, Auf-Erstehung. Trotz allem, was dagegen steht. Vielleicht sogar genau darum. Wer tot im Grab liegt, der tut sich schwer, aufzustehen und sich aufzurichten. Wie denn auch? Tot ist tot; und der Tod macht immerhin ein Ende der körperlichen Schmerzen. Da sind Wunden, von vorher. Wieso die wieder spüren? Also auch Auferstehung - so schön, wie es klingt - hat mit Veränderung zu tun - und zwar mit einer grundlegenden und fundamentalen, möglicherweise sogar schmerzhaften Veränderung. Und mit Chance! Das gilt auch für uns. Die Chance einer Veränderung, die uns größer macht, die uns in unsere innere Größe wachsen lässt. Die uns Wachstumsschmerzen macht, uns aus der Komfortzone herausholt. In etwas Größeres und Schöneres – in ein neues Leben, neue Beziehungen, neue Gemeinschaft und neue Gesellschaft. Schauen wir es dem Frühling und Ostern ab und geben der Veränderung eine Chance! Überlassen wir uns einfach dem Leben, wie die Magnolien.
von Dorothee Kanitz 15. März 2024
Nachhausekommen, was heißt das für mich? Nicht mehr: zu den Eltern bzw. der Mutter kommen. Das ist vorbei. Lange war mit „Nachhausekommen“ auch immer wieder der Besuch bei der Mutter gemeint, der Vater ist ja schon jahrzehntelang tot. Es war die Mutter, die Wohnung wechselte. Dieses Gefühl: ich bin jetzt nicht ganz verantwortlich, ich darf auch ein wenig Kind noch sein – wenn ich will. Irgendwann änderte sich das und ich war eher die Erwachsene, sie mehr und mehr das Kind. Inzwischen bemuttern mich meine eigenen Kinder manchmal. Da ändert sich also immer wieder etwas. Wo also ist „Zuhause“? Meine Großmutter wollte auf ihrem Grabstein stehen haben „Daheim“. Ob für sie – am Ende ihres Lebens jedenfalls – ihre Wohnung, ihr Leben, ihr Mann eben nicht mehr „Zuhause“ war? Ich weiß es nicht, ich versuche mich zu mir selbst vorzutasten. Ist „Zuhause“ meine Wohnung? Irgendwie ja, irgendwie nein. Klar, wenn ich von einer langen Reise oder nach einem anstrengenden Tag zurückkomme, ist es schön, in die vertraute Umgebung zu kommen, sie bildet ja viel von dem ab, was mir wichtig ist. Andererseits, wenn die Wohnung lange leer war, fühlt sie sich auch leer an, nicht so richtig be-seelt. Ist also Zuhause, wo meine Seele wohnt? Dann hätte meine Gro0mutter gedacht, sie muss sterben, um ihrer Seele ein Zuhause zu geben. Das klingt traurig für mich. Und ich frage mich: Hat meine Seele ein Zuhause? Und wenn ja, wo? in mir, in meinem Körper, in meinem Leben. Ist sie lebendig, da wo ich (es) bin? Also auch im Urlaub, wenn ich nicht zuhause bin, auf der Straße, beim Schreiben, in Gesprächen? Durchaus nicht immer. Doch – vielleicht, nein, sicher – immer öfter. Komme ich also „nach Hause“, wenn ich mir meiner Seele als lebendig bewusst werde? Wenn „ich“ lebendig bin? Oder wie kann ich es formulieren? Wenn ich mich richtig freue, strahlt meine Seele mir aus den aus den Augen, fühlt sich zuhause. Wenn ich mich verloren oder traurig fühle, ist sie aber auch da und wir halten Händchen, innerlich. Dann bin ich also traurig, fühle mich verloren und bin trotzdem „Zuhause“. Hat meine Seele vielleicht aber noch ein Zuhause, so eine Art Seelenheimat, wie es manchmal genannt wird? Kommt sie sozusagen „aus dem Himmel“ und geht – nachdem sie meinem Körper, meiner (unserer) irdischen Ausprägung eine Weile Gesellschaft geleistet hat – wieder in ihre Seelenheimat (was auch immer das ist) zurück? Dann hätte meine Großmutter ja richtig gelegen mit ihrem Grabstein als Deklaration für ein größeres Zuhause. Im Moment bin ich ganz zufrieden, mich in mir selbst immer öfter zuhause zu fühlen. Dann fühle ich mich nämlich wohl, ungeachtet aller äußeren Umstände. Alles weitere überlasse ich dem Leben. Und irgendwie weiß ich: ich werde immer (wieder) ein Zuhause finden.